Neue Studie zeigt Erfolge nach Halswirbelsäulenoperation bei Ehlers-Danlos-Syndrom
von Karina Sturm.
Eine neue Studie von einem der wenigen Experten auf dem Gebiet der Operation der Halswirbelsäule bei ursächlichem Ehlers-Danlos-Syndrom, Prof. Henderson, zeigt gute Erfolge auch noch fünf Jahre nach Fusionierung.
Die Halswirbelsäuleninstabilität ist eine bekannte und schwerwiegende Komplikation der Ehlers-Danlos-Syndrome, die zu neurologischen Symptomen, wie z. B. Kraftverlust der Extremitäten, Taubheit an Händen und Beinen, Atemstörungen (zentrale Apnoe), Drop Attacks, Benommenheit, Koordinationsstörungen, und vielen mehr führen kann. Vor allem bei der Instabilität der oberen Halswirbelsäule kann es zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen und eine Operation dieser birgt einige Risiken bei Ehlers-Danlos-Syndrom-Betroffenen.
Was wurde in der Studie von Henderson gemacht?
In der Studie wurden 20 Patienten mit angeborener Bindegewebserkrankung und Instabilität der oberen Halswirbelsäule, einem kyphotischen clivo-axialen Winkel (CXA) und Anzeichen eines ”Cervical Medullary Syndrome”, eines Syndroms, das Symptome auslöst, die mit dem Hirnstamm in Zusammenhang stehen, z. B. Dysautonomie, Schmerzen, Sehstörungen und den oben für die HWS-Instabilität beschriebenen neurologischen Ausfälle. 18 dieser Patienten zeigten zusätzlich eine Chiari-Malformation. 19 Patienten waren weiblich, einer männlich.
Bei allen Patienten wurden vor und nach OP auf Upright-MRT-Aufnahmen die relevanten Winkel (clivio-axial angle, Grabb Oaks meaurement, Harris measurement) zur Beurteilung der Hirnstammkompression in Flexion und Extension der HWS gemessen. Ein CXA-Winkel von weniger als 135 Grad wurde als pathologisch angesehen und Henderson stellte die Hypothese auf, dass der Zustand der Patienten sich nach einer Operation, bei der die Fehlstellung der oberen Halswirbelsäule korrigiert wird, deutlich verbessert.
Die Operation erfolgte von hinten (dorsal) und C0 (Kopf) bis C2 (Axis; zweiter Halswirbel) wurden nach Korrektur der Winkel mit Platten verschraubt. Um eine Fusion zu erreichen wurde Rippenmaterial der Patienten verwendet.
Was kam bei der Studie heraus?
Alle Patienten waren zufrieden und würden die OP erneut machen lassen. Alle berichteten über eine verbesserte Lebensqualität. 18 der 20 Teilnehmer verzeichneten weniger Einschränkungen.
Große Verbesserungen konnten für folgende Symptome gezeigt werden: Kopfschmerzen, Schwindel, Balance, Sprachstörungen, Benommenheit, Gedächtnisstörungen, Gehstörungen, häufiges Wasserlassen und die generelle Funktion im Alltag wurde besser.
Kleinere Komplikationen traten bei vier Patienten auf. Zwei brauchten eine Transfusion, zwei hatten eine oberflächliche Wundinfektion. Alle Patienten hatten durch die Rippenentnahme auch nach Jahren anhaltende Schmerzen.
Acht der 20 Teilnehmer baten nach einigen Jahren darum, die Platten zu entfernen, da sie unter Schmerzen, die durch die Hardware verursacht wurden, litten.
Interessant ist auch, dass kein Betroffener nach der OP eine Bewegungseinschränkung als Problem sah.
Warum ist diese Studie so wichtig?
Das ist die erste Studie von EDS-Patienten mit Instabilität der oberen Halswirbelsäule und Chiari-Malformation, die die Langzeiterfolge darstellt. Und überraschenderweise sogar überdurchschnittlich gute Erfolge im Vergleich zu anderen Studien, die Operationen der HWS beschreiben.
Für viele EDS-Betroffene in Europa, aber auch in den USA, ist die HWS-Instabilität eine der schwerwiegendsten Komorbiditäten des EDS, welche auch die Lebensqualität deutlich reduziert. Eines der Hauptprobleme ist, dass es in vielen Ländern nicht einen einzigen Experten für diese Kombination an Erkrankungen gibt und die Betroffenen entweder mit dem zunehmenden neurologischen Abbau leben müssen, oder große Spendenaktionen ins Leben rufen, um zu Spezialisten im Ausland zu gelangen. Operationen in den USA sind für die meisten Betroffenen nicht anders zu bezahlen und die Krankenkassen im jeweiligen Land übernehmen diese Kosten nicht. Einer der Faktoren, warum es so schwer ist einen Neurochirurgen zu finden, ist der Erfahrungsmangel und die Angst, diesen Patienten am Ende mehr zu schaden als zu helfen.
Diese Publikation zeigt erstmals, wie gut die OP-Erfolge unter den richtigen Umständen sein können und beschreibt außerdem gleichzeitig das operative Vorgehen im Detail. Vielleicht ist das der Anfang von mehr Verständnis für diese schwere Komplikation des EDS und trägt dazu bei, dass sich auch Ärzte in unseren Ländern mit diesen Operationen beschäftigen und irgendwann selbst zu Experten werden.
Henderson weißt aber explizit darauf hin, wie wichtig die Erfahrung des Operateurs auch im Hinblick auf komorbide Erkrankungen, wie Dysautonomie, Mastzellaktiverung und vielen mehr bei der Behandlung und zur Verbesserung der Lebensqualität ist. Es bleibt nun zu hoffen, dass diese Studie auch in den europäischen Ländern dazu beiträgt, dass sich die Behandlungsoptionen im Inland verbessern und unsere Ärzte weniger Angst und mehr Fachwissen rund um EDS und die HWS-Instabilität entwickeln.
Quelle:
Henderson, F.C., Francomano, C.A., Koby, M., Tuchman, K., Adcock, J. and Patel, S., 2019. Cervical medullary syndrome secondary to craniocervical instability and ventral brainstem compression in hereditary hypermobility connective tissue disorders: 5-year follow-up after craniocervical reduction, fusion, and stabilization. Neurosurgical review, pp.1-22.
Andere relevante Publikationen zum Thema:
Milhorat TH, Bolognese PA, Nishikawa M, McDonnell NB, Francomano CA. Syndrome of occipitoatlantoaxial hypermobility, cranial settling, and chiari malformation type I in patients with hereditary disorders of connective tissue.
Henderson FC, Geddes JF, Vaccaro AR, Woodard E, Berry KJ, Benzel EC. Stretch-associated injury in cervical spondylotic myelopathy: new concept and review. Neurosurgery. 2005 May 1;56(5):1101-13.
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