Interview mit Frau Dr. Maier, ANS-Ambulanz Aachen, zum Thema Dysautonomie
Als heutigen Gast darf ich Frau Dr. Maier begrüßen. Frau Dr. Maier ist die Leiterin der ANS-Ambulanz in Aachen und Spezialistin für die Diagnostik der verschiedenen Formen der Dysautonomie. Sie hat sich bereit erklärt, im Rahmen meines Fünf-Fragen-an-Programms, fünf Fragen rund um das Thema Dysautonomie zu beantworten.
Karina Sturm:
Frau Dr. Maier, was würden Sie sagen, wie viele Patienten mit Dysautonomie und EDS betreuen Sie hier und welcher Typ EDS ist dabei am häufigsten vertreten?
Dr. Maier:
Die ANS-Ambulanz Aachen wurde 2014 gegründet und seitdem betreuen wir eine knapp zweistellige Zahl an EDS-Patienten. Am häufigsten ist dabei der hypermobile Typ vertreten.
Karina Sturm:
Welche Symptome der Dysautonomie sehen Sie mit EDS am häufigsten?
Dr. Maier:
Die meisten betroffenen Patienten mit EDS beschreiben Kreislaufbeschwerden mit Schwindel in Orthostase, oft auch im Sitzen, oder direkt nach dem Aufrichten, ggf. auch assoziiert mit bestimmten Kopfbewegungen. Darüberhinaus bestehen gastrointestinale Beschwerden mit Verstopfung (Obstipation), Diarrhoe (Durchfällen) oder einem Wechsel der beiden. Andere klagen über Blasenstörung mit häufigem Harndrang und Blasenentleerungsstörung. Häufig ist auch ein Sicca-Syndrom mit trockenen Augen, Schleimhäuten und trockener Haut, was die Patienten dadurch beeinträchtigt, dass sie juckende Augen haben, verschwommen Sehen und die Haut häufig eincremen müssen.
Karina Sturm:
Was sind Ihrer Meinung nach die aussagekräftigsten Untersuchungen für Dysautonomie?
Dr. Maier:
Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, denn bei Patienten mit Dysautonomie können verschiedene Organsysteme betroffen sein. Bei Kreislaufstörungen ist sicher die Kipptischuntersuchung sehr aussagekräftig. Diese wird bei uns im Labor mit einer kontinuierlichen Erfassung von Blutdruck und Herzfrequenz während des Liegen und der mindestens zehnminütigen Stehzeit aufgezeichnet. Sie gibt einen sehr guten Überblick über die Kreislaufreaktion in Orthostase und kann zwischen den verschiedenen Kreislaufstörungen, wie POTS, orhtostatischer Hypotonie (OH) oder vasovagaler Synkope, differenzieren.
Karina Sturm:
Welche anderen neurologischen Störungen sehen Sie hier mit EDS?
Dr. Maier:
Patienten mit EDS beschreiben neben den Störungen des Vegetativums, einen intermittierenden Tremor nicht ganz geklärter Ätiologie, Augenbewegungsstörungen, Doppelbilder, Nervenwurzelkompression mit Schmerzen und Ausfällen im Versorgungsgebiet und sensible Ausfallerscheinungen. All diese Beschwerden können mit dem EDS in Zusammenhang stehen. Darüberhinaus haben auch einige wenige Patienten über ein spontanes Liquorunterdrucksyndrom berichtet, das bei EDS-Patienten gehäuft auftreten kann.
Karina Sturm:
Was würden Sie sagen, wie viele von den EDS/Dysautonomie-Patienten bekamen vor der EDS/Dysautonomie-Diagnose eine falsche psychische Diagnose und woran liegt das?
Dr. Maier:
Leider beschreiben alle Patienten, die sich in der ANS-Ambulanz vorstellen, dass die Beschwerden zunächst als psychisch eingeordnet worden sind. Bevor dann nach ziemlich vielen Jahren, mit hoher Eigenmotivation der Patienten, endlich die Diagnose EDS gestellt werden konnte. Ich denke, das kann daran liegen, dass die Krankheit einerseits wenig bekannt ist, andererseits, die Symptome oft sehr unspezifisch erscheinen und stark fluktuierend sind. Sie sind außerdem mit den etablierten Untersuchungsmethoden nicht immer gut erfassbar. Bezüglich der Versorgung der EDS-Patienten in Deutschland besteht noch viel Handlungsbedarf, denke ich.
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