Die neurologischen Komplikationen der Ehlers-Danlos-Syndrome nehmen einen besonders hohen Stellenwert im Leben vieler EDS-Patient*innen in Deutschland ein, denn sie zählen nicht nur zu den schwersten Komplikationen, sondern gleichermaßen gibt es in vielen Ländern außerhalb der USA keine Hilfe für Betroffene.

Halswirbelsäuleninstabilität

Was ist eine Halswirbelsäuleninstabilität? 

Bei einer Halswirbelsäuleninstabilität (HWS-Instabilität) können sich Wirbel der Halswirbelsäule unphysiologisch weit bewegen und dabei z. B. Nerven, Rückenmark, Blutgefäße oder, in der oberen Halswirbelsäule, den Hirnstamm einengen. Dies kann schwere neurologische Ausfälle bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen zur Folge haben.

Die Halswirbelsäule ist komplex aufgebaut und besteht aus vielen Bändern, Sehnen, Bandscheiben, Kapseln, einer tiefen stabilisierenden Muskulatur und einer oberflächlichen haltenden Muskulatur. Gleichzeitig trägt sie eine große Last: den Kopf.

Man spricht von einer „Kopfgelenksinstabilität“ wenn die obere Halswirbelsäule, genauer der Bereich zwischen Schädel, 1. (Atlas) und 2. Halswirbel (Axis) betroffen sind. Wir unterscheiden zwischen einem oberen und einem unteren Kopfgelenk.

Das obere Kopfgelenk befindet sich zwischen dem Schädel und dem 1. Halswirbel (Atlas) und das untere Kopfgelenk zwischen 1. Halswirbel und 2. Halswirbel (Axis). Zwischen C1 und C2 findet der Großteil der Rotation des Kopfes statt.

In Publikationen und im amerikanischen Raum wird aber eher von kraniozervikaler Instabilität (CCI) oder atlantoaxialer Instabilität (AAI) gesprochen.

CCI bezeichnet, wie der Name schon sagt, die Instabilität zwischen Schädelplatte und Atlas, wohingegen AAI die Instabilität zwischen Atlas und Axis beschreibt. Selten liegt bei EDS-Patient*innen eine isolierte AAI vor.

Bei EDS kann es zu Instabilitäten auf allen Leveln kommen. Oft liegen mehrere Instabilitäten gleichzeitig vor, was die Behandlung deutlich erschwert. Die Auslöser können vielfältig sein und reichen von Manipulation der HWS, über Unfälle bis hin zu keinem Trauma, denn bei Menschen mit Bindegewebserkrankung kann es auch ganz ohne Krafteinwirkung zur Überdehnung der Bänder kommen.

Neben den EDS können auch andere Bindegewebserkrankungen, wie das Marfan-Syndrom zu CCI führen. des Weiteren können rheumatische Erkrankungen, das Down-Syndrom, sowie Unfälle und Operationen zu Instabilität der Halswirbelsäule führen.

Die Symptome sind je nach Höhe des Schadens und Ausprägung unterschiedlich. Von Kopfschmerzen, über Missempfindungen der Arme und Beine, bis hin zu Atembeschwerden (bei Hirnstammbeteiligung) ist fast alles denkbar.

Diagnostik:

  • Upright-MRT: Das Upright-MRT ist eine Form der Magnetresonanztomographie, die nicht wie sonst typisch in einer geschlossenen Röhre liegend stattfindet, sondern unter natürlicher Gewichtsbelastung im Sitzen oder Stehen zwischen zwei magnetischen Scheiben. Das Upright-MRT der Halswirbelsäule wird im Sitzen durchgeführt. Zuerst wird die Halswirbelsäule in Neutralstellung aufgenommen. Danach folgen Bilder in maximaler Vor- (Flexion) und Rückneigung (Extension) zur Beurteilung der gesamten Halswirbelsäule. Um die obere Halswirbelsäule bzw. den kraniozervikalen Übergang genauer beurteilen zu können, wird eine Untersuchung in Rotation, so wie maximaler Rechts- und Linksneigung häufig angeschlossen. Der Kopf muss einige Minuten in der jeweiligen Position verweilen und wird dort fixiert, um eine Ausweichbewegung zu vermeiden. Dies kann sehr anstrengend und schmerzhaft sein und zu einer Symptomverschlechterung führen. Das Upright-MRT hat gegenüber den statischen, liegenden Aufnahmen den Vorteil, dass belastungsabhängige Beschwerden mit erfasst werden. Außerdem bleiben Instabilitäten bei ruhiger Lage häufig versteckt oder erscheinen weniger gravierend. Auch eine bewegungsabhängige Rückenmarkskompression kann nur im Upright-MRT richtig erfasst werden. Wie bei allen MRTs besteht keine Strahlenbelastung und es werden sowohl Knochen als auch Weichteilgewebe dargestellt, was eine direkte Beurteilung der Kapseln und Ligamente zulässt. Der Nachteil des Upright-MRTs ist, dass Aufnahme im feinen Bereich nicht möglich sind, da die Auflösung ziemlich niedrig ist. Leider sind Upright MRTs bisher keine Kassenleistung in Deutschland. Jedoch werden sie immer mehr von Ärzt*innen mit in die Diagnostik einbezogen.
  • CT in Rotation: Das CT in Rotation wurde ursprünglich 1986 von Dvorak etabliert und soll das Rotationsausmaß der Kopfgelenke beurteilen, welches hauptsächlich durch die Ligamenta Alaria begrenzt wird. Beim Dvorak-CT liegen die Patient*innen in Rückenlage. Zuerst werden Aufnahmen in Neutralstellung der HWS durchgeführt. Dann in voller Rechts- und Linksrotation des Kopfes. Der Kopf wird dabei fixiert, um Ausweichbewegungen zu vermeiden. Zusätzlich können auch noch Aufnahmen in Flexion durchgeführt werden. Die gesamte Untersuchung dauert wenige Minuten und ist somit recht gut erträglich. Bei einem CT können hauptsächlich die Knochen beurteilt werden. Das CT in Rotation ist besonders geeignet für die Beurteilung von kraniozervikalen bzw. atlantoaxialen Instabilitäten. CTs sind immer mit einer Strahlenbelastung verbunden und sollten somit nur bei klarem Verdacht durchgeführt werden.
  • Röntgen in Funktionsstellung: Beim Röntgen in Funktionsstellung wird der Kopf maximal nach vorne (Flexion) und maximal nach hinten (Extension) geneigt. Diese Aufnahmen können anguläre Instabilitäten der Halswirbelsäule zeigen bzw. Hypermobilität und Gleitwirbel. Zusätzlich sind Dens-Aufnahmen (Sandberg-Röntgen) durch den offenen Mund sinnvoll. Ebenfalls können Aufnahmen in Links- und Rechtsneigung durch den offenen Mund angefertigt werden. Passive Funktionsaufnahmen, bei denen der Arzt oder die Ärztin sich mit in die Strahlung begibt und den Kopf passiv maximal nach vorne und hinten neigt, können zusätzlich aussagekräftig sein. Diese haben den Vorteil, dass die Patient*innen weit über die eigene Schmerzgrenze hinaus gehen. Nachteilig ist allerdings, dass die Symptome deutlich verschlechtert werden können. Funktionsaufnahmen im Röntgen sind immer mit einer Strahlenbelastung verbunden. Deshalb ist es wichtig die Aufnahmen nur von Radiolog*innen anfertigen zu lassen, die genau wissen, wie die korrekten Bilder entstehen.
  • Digital Motion X-Ray: Das DMX (Digital Motion X-ray) ist ein Röntgen in Echtzeit. Es stellt die nächste Erweiterung zum normalen Röntgen dar und verbindet digitale mit optischer Technologie. Es bietet den Vorteil, dass die Wirbelsäule in extremen Positionen und in Echtzeit abgelichtet werden kann. Außerdem wird es unter normaler Gewichtsbelastung, also im Stehen oder Sitzen, durchgeführt. Das DMX wird benutzt um Ligamentschäden zu diagnostizieren, die auf anderen statischen Aufnahmen nicht zu sehen sind. Es gibt kaum Studien zu diesem Testverfahren und die Strahlenbelastung ist unklar, doch natürlich ist jede Röntgenaufnahme generell mit einer Strahlenbelastung verbunden. Einige Ärzt*innen sind große Befürworter*innen dieser Technik gerade im Zusammenhang mit HWS-Verletzungen, andere hingegen raten aufgrund der unklaren Strahlung stark davon ab.
  • Zusätzliche Untersuchungen: Neurovegetative Testung, Otoneurologie, PET, Polysomnographie.

Winkelmessungen:

Diese Winkel sind wichtig zur Beurteilung der kraniozervikalen Instabilität und sollten von den behandelnden Radiolog*innen, Neuroradiolog*innen oder Neurochirurg*innen gemessen werden.

  • Bulls Angle: Es wird eine Linie zwischen dem hinteren und vorderen Bogen des C1 gezogen. Der Bulls Angle ist der Winkel zwischen dieser Linie und der Ebene des harten Gaumens. Pathologisch: > 13 Grad
  • Powers Ratio: Abstand von Basion zum hinteren Bogen des Atlas geteilt durch Abstand vom vorderen Bogen des Atlas zum Opisthion. Pathologisch: > 1
  • Basion Dens interval (BDI): Abstand zwischen der unteren Spitze des Basion und der Spitze des Dens ist weniger als 12 mm bei 95 % der Erwachsenen. Ein Wert größer als 12 mm spricht für atlantookzipitale Dislokation.
  • Basion Axial Interval (BAI): Basion zur posterioren Axislinie. Pathologisch: > 12 mm
  • Harris Measurment: BDI + BAI. Pathologisch: > 12 mm
  • Zusätzlich BAI im Vergleich Flexion und Extension messen. Variiert der Wert in den Funktionsaufnahmen um mehr als 1-2 mm, bedeutet das, dass der Kopf auf der Halswirbelsäule nach vorne und hinten rutscht.
  • MC Gregors Line: Von der oberen Fläche des hinteren Rand des harten Gaumens an den hinteren tiefsten Punkt der Hinterhauptskurve. Wenn die Spitze des Dens mehr als 4,5 mm über der McGregor Linie ist, dann ist eine basiläre Invagination (eine Verlagerung des Dens nach oben; höher als das Foramen magnum) wahrscheinlich.
  • Grabb Oaks Line: Zur Diagnostik der Hirnstamm-Kompression: Bei mittig sagittalen MRT-Aufnahmen eine Linie vom untersten Punkt des Clivus zum unteren hinteren Punkt des Axis Corpus ziehen. Von dieser Linie wird im rechten Winkel bis zum Beginn des Spinalkanals gemessen. Pathologisch: > 8mm
  • Wackenheim Line: Linie entlang des Clivus und inferior auf den oberen Zervikalkanal. Wackenheims Linie sollte durch die Dens Axis gehen oder tangential dazu sein.
  • Clivo Axial Angle (CXA): Ziehen einer Linie entlang der Basis und eine zweite Linie an der Rückseite des Körpers des Axis. Normal: zwischen 150 Grad in Flexion und 180 Grad in Extension. Unter 150 Grad ist typisch für eine basiooccipitale Hypoplasie, Gefahr einer Myelonkompression.
  • Anguläre Instabilität: Pathologisch: > 11 mm; Horizontale Verschiebung: Pathologisch > 3,5 mm
  • Atlantoaxiale Instabilität: Pathologisch: Raum zwischen dens und C1 > 2-3 mm

Atypische Formen der HWS:

  • Steilstellung: Bei der Steilstellung der Halswirbelsäule kommt es zu einer Aufhebung der physiologischen Lordose im Bereich der Halswirbelsäule. Die Steilstellung kann muskulär, aufgrund eines Traumas, entstehen, aber auch durch chronische Fehlhaltung, insbesondere bei muskulärer Dysbalancen. Alle Betroffenen von HWS-Instabilitäten zeigen eine Steilstellung, jedoch auch viele Gesunde. Damit ist keine Aussage über die Pathogenität möglich.
  • Hyperlordose: Die Hyperlordose ist eine verstärkte Lordose der Halswirbelsäule.
  • Pannus / Retroodontoider Pseudotumor: Ein Pannus beschreibt Ablagerungen – meist im Bereich hinter dem Dens – die bei einer Instabilität entstehen und inzwischen als indirektes Zeichen einer Instabilität gewertet werden. Unterschieden wird der Pannus durch den biochemischen Aufbau: Mikro-Einblutungen, Verknöcherungen, Ablagerungen von Calciumpyrophosphat-dihydrat (Crowned Dens Syndrome). Je nachdem aus was der Pannus besteht ist er unterschiedlich im MRT sichtbar.
  • Vertebralartierenhypoplasie: Hypoplastische Vertebralarterien sind ein häufiger Zufallsbefund im HWS- und Schädel-MRT. Eine Vertebralarterienhyopplasie bedeutet, dass die Arterie schmaler und kleiner und dadurch weniger Blutfluss möglich ist. Meist sind diese Fehlbildungen angeboren und nur auf einer Seite der Halswirbelsäule zu finden. Eine Aussage über die Pathogenität kann nicht getroffen werden. Vertebralartiereninsuffizienz hingegen kann nur schwer nachgewiesen werden und stellt eine Ausschlussdiagnose dar.

Therapie

Die Therapie der Instabilität ist schwierig. Im Prinzip soll die Tiefenmuskulatur gestärkt werden, ohne dabei zu viel Belastung auf die HWS selbst zu bringen. Da EDS-Patient*innen aber nur sehr langsam Muskulatur aufbauen und häufig auch in anderen Körperregionen Instabilitäten haben, ist die Therapie komplex.

Konservative Therapien:

  • Halskrause: Halskrausen sind in der Medizin ein umstrittenes Thema, da es bei dauerhafter Anwendung zu einem Muskelabbau kommen kann, was wiederum die Instabilität verstärkt. Aus diesem Grund stellen Halskrausen keine Dauerlösung dar. In manchen, vor allem schweren, Fällen von Instabilität werden sie aber nötig um den Alltag bewältigen zu können oder Folgeschäden (wie Rückenmarks- oder Nervenschäden) zu vermeiden. Es ist wichtig parallel zur Anwendung von Halskrausen weiterhin die Muskulatur zu trainieren, um dem Muskelabbau entgegenzuwirken. Auch diagnostisch werden Halskrausen eingesetzt. Einige Neurochirurg*innen benutzen feste Halskrausen um zu sehen, ob eine Versteifungs-OP überhaupt erfolgsversprechend wäre. Dafür wird die Halskrause über einen längeren Zeitraum durchgehend getragen. Verschwinden die Symptome wird davon ausgegangen, dass eine Versteifung zu einer Verbesserung des Zustandes führt. Halskrausen können vom Hausarzt*innen verordnet werden und werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Es ist sinnvoll vor dem Kauf in einem Orthopädiefachgeschäft verschiedene Krausen anzuprobieren, denn mit einer nicht passenden Größe kann man auch einen Schaden anrichten. Es gibt viele verschiedene Hersteller und Krausen. Die Philadelphia, Miami und Aspen gehören zu den häufig verwendeten harten Halskrausen.
  • Isometrische Übungen: Isometrische Übungen der Halswirbelsäule werden von vielen Ärzt*innen zur schonenden Kräftigung der Tiefenmuskulatur empfohlen. Isometrisches Training bedeutet, dass Muskeln angespannt werden, diese sich aber nicht in der Länge verändern. Der Muskel wird nicht bewegt, sondern durch Druck oder Zug angespannt und lediglich die Spannung verändert. Es gibt verschiedene physiotherapeutische Therapien, die sich genau dies zunutze machen. Es wird häufig nur mit dem eigenen Körperwiderstand gearbeitet. Zum Beispiel werden während einer Übung die Handflächen vor der Brust aneinander gedrückt und wieder gelöst. Vorteile von isometrischen Übungen sind, dass sie wenig Zeitaufwand fordern und praktisch ohne Hilfsmittel durchführbar sind. Außerdem können sie im Schwierigkeitsgrad auf die Patient*innen individuell abgestimmt werden und sind somit auch für bettlägerige Patient*innen geeignet.
  • Med-X-Training: Med-X ist ein gerätegestütztes Verfahren, das zur Kräftigung der Tiefenmuskulatur eingesetzt wird und unter Anleitung eines Arztes oder einer Ärztin oder Physiotherapeut*innen stattfindet. Diese an der University of Florida erfundenen Maschinen sind keine normalen Trainingsgeräte wie im Fitnessstudio. Viel mehr sind sie computergestützt und können die individuelle Kraft der Patient*innen messen. Außerdem können einzelne Wirbelsäulenabschnitte isoliert trainiert werden. Es geht vor allem darum, anstatt der üblicherweise beanspruchten Hilfsmuskulatur nur die haltende Tiefenmuskulatur anzusprechen. In Deutschland gibt es die originalen Med-X-Geräte, oder Therapiekonzepte mit ähnlichen Angeboten wie Kieser-Training (deutscher Hersteller der Med-X-Geräte) oder Techno-Training.
  • PNF (Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation): PNF ist eine neurophysiologische Technik, die wie Vojta darauf abzielt das Bewegungsmuster zu verändern. PNF wurde in Kalifornien erfunden und anfangs nur an Polio-Patient*innen ausprobiert. Aufgrund des guten Erfolgs wurde sie später weiterentwickelt und auch bei anderen neurologischen Krankheiten eingesetzt. Propriozeption beschreibt die Eigenwahrnehmung des Körpers über die Lage und Bewegung der Körperteile im Raum. Beteiligt an der Propriozeption ist hauptsächlich die Tiefensensibilität, die aus Muskel-, Gelenk- und Sehnenrezeptoren besteht. Diese leiten die Informationen an das zentrale Nervensystem weiter. Durch die PNF sollen pathologische Bewegungsmuster wieder zu gesunden werden. Bewegungsmuster sind im zentralen Nervensystem abgespeichert. Dadurch können bestimmte Bewegungsabläufe durch die Therapeut*innen geführt und wieder erlernt werden. Muskeln sollen hier nicht einzeln, sondern nur in Kombination in einer dreidimensionalen, meist diagonalen Bewegung eingesetzt werden, um ein neues Bewegungsmuster zu erlernen. Genutzt werden Reize wie Zug, Druck und Widerstand. PNF wird eingesetzt bei neurologischen Erkrankungen, wie Parkinson, Schlaganfällen, Multiple Sklerose, Polyneuropathie; oder bei orthopädischen Erkrankungen, die mit einer Störung im Bewegungsablauf einhergehen, darunter z. B. rheumatische Erkrankungen, degenerative Wirbelsäulenerkrankungen, Muskel- und Sehnenerkrankungen; auch nach chirurgischen Eingriffen, wie künstlichen Hüften kommt PNF zum Einsatz.
  • Vojta-Therapie: Die Vojta-Therapie ist eine neurophysiologische Therapieform, die meist bei Babys angewendet wird, um das Bewegungsmuster positiv zu beeinflussen. Erfunden wurde diese von dem Neurologen Prof. Vojta. Vojta basiert auf dem Prinzip der Reflexlokomotion. Dies bedeutet, dass durch Reize in genau festgelegten Ausgangsstellungen, Bewegungsmuster, die im Gehirn gesteuert werden, beeinflusst werden. Sie zielt darauf ab, Muster die schon von Geburt an eingeprägt sind, wieder zu aktiveren (Reflexe). Auch bei Menschen mit geschädigtem zentralen Nervensystem können Teilbereiche in ihrer Funktion wieder hergestellt werden. Angewandt wird Vojta bei Störungen im zentralen Nervensystem, sowie bei Störungen im Bewegungsapparat.
  • Prolotherapie / PRP / Stammzellen / BMPs / andere: Bei der Prolotherapie werden irritierende Substanzen wie Dextrose in geschwächte/geschädigte Bänder und Sehnen gespritzt, mit dem Ziel, das Bindegewebe zu stärken und den Schmerz zu lindern. Der Mechanismus ist bisher nicht klar, aber erste Studien zeigten, dass das Prinzip vermutlich auf einer lokalen Entzündung und der Einwanderung von gewebsbildenden Zellen und nicht, wie man früher gedacht hatte, auf der Bildung von Narbengewebe beruht. Prolotherapie soll somit eine heilende, regenerative Methode sein. Die meist genutzten Substanzen sind Dextrose (Zucker), Lidocain oder Procain (Lokalanästhesie) und natürliche Substanzen, die bei der Heilung helfen. Prolotherapie etabliert sich mittlerweile auch in Deutschland, jedoch trauen sich nur wenige Ärzt*innen an die HWS bzw. Kopfgelenke heran. Es ist wichtig, dass Prolotherapeut*innen über Erfahrung in diesem Bereich verfügen, denn auch die Prolotherapie kann potentiell einen Schaden anrichten. Indikationen für die Proliferationstherapie sind alle Ligament- oder Kapselschäden an Gelenken, die zu Schmerzen oder Instabilitäten führen. Die Prolo der HWS hat jedoch Grenzen. Es gibt Bänder und Sehnen, die man durch die Prolotherapie aufgrund ihrer anatomischen Lage nicht erreichen kann. Die Proliferationstherapie ist eine alternative Methode und gilt als experimentell. Es gibt kaum aussagekräftige Studien und auch die Langzeitfolgen sind unklar. Sie scheint relativ “sicher” zu sein, jedoch muss jedem bewusst sein, dass auch hier Nebenwirkungen, wie Bänderrisse, Abszesse, Entzündungen und mehr auftreten können. In Deutschland ist diese Therapie eine reine Privatleistung. Preise können von Arzt zu Arzt zwischen 50 Euro pro Sitzung und nach oben offen sein. Neben der Prolotherapie werden mittlerweile auch immer mehr andere Substanzen gespritzt, wie z. B. plättchenreiches Plasma (PRP), das aus dem Blut der Patient*innen gewonnen und zentrifugiert wird, um die Thrombozyten zu konzentrieren. Die Thrombozyten schütten Wachstumsfaktoren und andere Zytokine aus und stimulieren so die Heilung von Bindegewebe und Knochen. Auch mesenchymale Stammzellen (MSC) kommen zum Einsatz. Mesenchymale Stammzellen sind Zellen, die zu jeder beliebigen Zelle heranwachsen können. Dieser Mechanismus wird in der Forschung genutzt, um bestimmtes Gewebe außerhalb des Körpers wachsen zu lassen. Es gibt klinische Studien bei denen MSCs genutzt wurden, um Knochenbrüche zu heilen. Vereinzelt wird Stammzellen-Prolo angeboten. Das Prinzip ist ähnlich dem des PRPs. Die MSCs binden an eine andere Zelle und sekretieren dann Zytokine und Wachstumsfaktoren, welche wieder die Heilung anregen. MSCs können aus fast allen Geweben isoliert werden, aber meistens wird Knochenmark aus dem Hüftknochen, oder Fettgewebe, welches leichter zugänglich ist, benutzt. Stammzelltherapie ist ebenfalls experimentell, gerät aber mehr in den Fokus von Wissenschaftlern weltweit. Angewandt wird diese Art von Therapie an der HWS von nur wenigen Therapeut*innen. Außerdem gibt es noch Bone Morphogenic Proteins (BMP). BMPs gehören zu der Gruppe der Wachstumsfaktoren (Zytokine). In Studien wurde herausgefunden, dass BMPs die Knochen- und Knorpelbildung anregen. Vereinzelte Ärzt*innen benutzen BMPs nach Wirbelsäulenfusionen für eine bessere Heilung (ebenfalls wie PRP und Stammzellen). Andere Substanzen die gespritzt werden sind z. b. Hyaluronsäure, Orthokin, Prolozone (Ozon Prolo)  usw. Derzeit gibt es immer mehr innovative Techniken, und Mediziner*innen entwickeln die Prolotherapie weiter. Es ist schwer zu unterscheiden welche Behandlungsform für das jeweilige Problem am effektivsten ist. Es ist wichtig mit Vorsicht an alle Therapien heranzugehen, die eine Verletzung bestimmter Strukturen an der Halswirbelsäule bedeuten. Daher müssen sich Patient*innen so gut wie möglich informieren, die Ärzt*innen zu kontaktieren und nach Studien oder Patient*innenerfahrungen fragen. 
  • Mikronährstoffe: Laut Dr. Kuklinski gibt es Störungen der Mitochondrien (die Energiezentralen in unseren Zellen), die nicht angeboren, sondern erworben sind. Diese sogenannten sekundären Mitochondropathien können durch verschiedene Ursachen auftreten, wie z. B. Xenobiotikaexposition, Medikamente (wie Betablocker, NSAR, Antibiotika, uvm.), chronischen Stress und Kopfgelenksinstabilität. Diagnostiziert wird nitrostativer Stress anhand verschiedener Parameter im Urin und Blut. Gemessen können unter anderem werden: Citrullin und Methylmalonsäure im Urin; Analyse der Atemluft auf NO, Ammoniak, usw; Vitamine im Blut, wie z. B. Vitamin B12, B6, D, C, K; verschiedene Spurenelemente; Coenzym Q10; verschiedene Hormone; Laktat; Pyruvat uvm. Therapie bei nitrostativen Stress ist die Gabe von verschiedenen Präparaten, die die zugrundeliegenden Mängel ausgleichen sollen. Es werden Mikronährstoffe eingesetzt, die auf den Mitochondrienstoffwechsel einwirken, NO und Radikale abfangen, B-Vitamine unterstützen und das Nervengewebe positiv beeinflussen. Zum Beispiel: B-Vitamine (B1, 2, 3, 6 und 12), C, E, D, K, Folsäure, Biotin, Kalium, Magnesium, Zink, Selen, Eisen, Coenzym Q10 sollen dem nitrostativen und oxidativen Stress entgegenwirken und das Bindegewebe stärken. Besonders dem Vitamin C sagt man eine positive Wirkung auf das Bindegewebe nach. Des Weiteren ist D gut für die Knochen und B12 hat eine positiven Effekt auf die Nerven. Als weitere Maßnahme empfiehlt Kuklinski die LOGI (low glycemic insulinemic) Kost.
  • Bewegungsbad: Das Bewegungsbad stellt eine Methode der Hydrotherapie dar. Während der gesamten Zeit werden die Patient*innen von einer*m Physiotherapeut*in betreut, jedoch gibt es auch die Möglichkeit selbst zu trainieren. Man nutzt die geringere Belastung auf die Gelenke, die Temperatur des Wassers, den Reibungswiderstand und die Auftriebskraft. Durch die niedrige Belastung auf Wirbelsäule und Gelenke wird Therapie im Wasser z. B. bei rheumatischen Erkrankungen, Arthrosen, Wirbelsäulenerkrankungen und neurologischen Krankheitsbildern angewandt. Das warme Wasser entspannt zusätzlich die Muskulatur und fördert den Stoffwechsel in den Muskeln. Es lässt sich gut die Tiefenmuskulatur trainieren und trotzdem die Wirbelsäule schonen. Als Hilfsmittel können Auftriebskörper benutzt werden, wie z. B. Poolnudeln. Beachte: Bei EDS-Patienten mit Dysautonomie kann warmes Wasser symptomverstärkend wirken. Bewegungsbad kann auf Heilmittelrezept vom Arzt verordnet werden.
  • Pilates: Pilates wurde als Ganzkörpertraining zur Kräftigung der tiefen Rückenmuskulatur 1883 von Joseph Hubert Pilates erfunden. Durch Pilates soll eine korrekte Körperhaltung erzielt werden. Hierbei konzentriert man sich hauptsächlich auf die Beckenboden-, Bauch- und Rückenmuskulatur (“Centering”). Von diesem Punkt aus werden alle Übungen ausgeführt. Die Übungen sollen aufeinander aufbauen und später ineinander übergehen. Es wird auf der Matte oder an speziellen Pilates-Geräten trainiert. Basis für alle Kraftübungen und das Stretching ist einespezielle Atemtechnik. Diese Atemtechnik führt nicht nur zu einer gezielteren Muskelspannung des Bauchraumes, sondern viel mehr auch zur tiefen Entspannung und einer geschulten Konzentration. Während allen Übungen muss der Fokus immer auf der kontrollierten Ausführung der Bewegung sein – ein weiterer Aspekt von Pilates. Zu jedem Zeitpunkt muss die*der Patient*in die Kontrolle über den Körper behalten (“Contrology).
  • Kinesiotaping: Kinesiotaping wird vorwiegend zur Schmerztherapie eingesetzt, aber auch zur Unterstützung von Bändern und Muskeln, um einen normalen Bewegungsablauf wiederherzustellen. Viele Athlet*innen nutzen Taping um leistungsfähiger zu sein oder zur schnelleren Erholung nach Sportverletzungen. Das Tape hat eine ähnliche Dicke und Elastizität wie die Haut, sodass die Bewegung nicht eingeschränkt wird. Das Prinzip ist simpel. Durch das Tape wird die Haut wellenförmig von der Faszie abgehoben, was zu einer Druckentlastung und besseren Blut- und Lymphzirkulation führen soll. Außerdem kommt es durch die propriozeptive Stimulation zur Verbesserung des Muskeltonus und zu einer passiven Stabilisierung der Bänder. Tapes sollten nur von qualifiziertem Fachpersonal wie Physiotherapeut*innen angebracht werden. Beachte: Auch wenn die Tapes hypoallergen sind, kann es trotzdem zu Allergien kommen. (EDS-Patient*innen mit Mastzellaktivierungssyndrom sind anfällig.)
  • Brunkow-Therapie: Die Brunkow-Therapie ist eine Art der neurophysiologischen Therapie. Sie dient der Verbesserung der Haltung, durch gezielte Reize auf die Muskulatur. Bei der sogenannte Stemmführung nach Brunkow bringt man die Extremitäten in eine bestimmte Position und diese werden zusätzlich unter Druck gebracht (Einstemmen). Das verursacht eine Ganzkörperspannung, welche zu einer Aufrichtung des Rumpfs führt. Zusätzlich können die eingestemmten Extremitäten noch bewegt werden. Das erhöht die Spannung und führt zu einer schonenden Stabilisierung der Gelenke.  Somit ist die Brunkow-Therapie auch für HWS-Instabilitäten gut geeignet. Alle Übungen werden im Liegen durchgeführt. Die Brunkow-Therapie wurde zur “akrodynamischen Therapie” erweitert. Dieses Konzept beruht auf eher ganzheitlichen Ansätzen und bezieht myofasziale Zusammenhänge mit ein. Es wird viel über Füße und Hände (Akren) gearbeitet, die die Grundlage für eine Änderung der Haltung sind. Es können folgende Krankheitsbilder positiv beeinflusst werden: neurologische Erkrankungen, wie Apoplex, Paresen, Ataxie, MS; orthopädische Erkrankungen, wie Bandscheibenvorfälle, Instabilitäten; andere, wie Migräne, Inkontinenz
  • Osteopathie: Die Osteopathie zählt zu den alternativen Heilmethoden und wird von Ärzt*innen, Physiotherapeut*innen und Heilpraktiker*innen angewandt. Die Grundlagen gehen zurück auf Andrew Taylor Still. Grundaussage ist, dass der Körper eine funktionelle Einheit ist und die Fähigkeit zur Selbstregulierung hat. Man geht davon aus, dass Störungen einer Einheit eine andere beeinflussen. Die Arterien, das Nervensystem und Lymphsystem spielen eine wesentliche Rolle in der Osteopathie. Osteopath*innen haben ein feines Gespür und untersuchen den Körper mit den Händen auf Störungen. Wie auch einige andere alternative Behandlungskonzepte zielt die Osteopathie darauf ab die Selbstheilungskräfte zu aktiveren. Dies soll geschehen durch die Eliminierung von Dysfunktionen. Die Muskulatur, die Knochen, Blut und Lymphgefäße sollen in ein Gleichgewicht gebracht werden. Es gibt viele verschiedene osteopathische Techniken, zum Beispiel die Kranio-Sakral-Therapie, bei der spezielle Griffe am Kreuzbein und Schädel genutzt werden, oder Faszien-Release-Techniken, viszerale Techniken, uvm. Die meisten osteopathischen Techniken sind sanft und somit für viele Krankheitsbilder geeignet. Behandelt werden häufig Babys und Säuglinge. Aber auch Erkrankungen beim Erwachsenen können positiv beeinflusst werden: Kopfschmerzen, Schwindel, Tinnitus, Rückenschmerzen, Kiefergelenksprobleme, Magen-Darm-Probleme, Reizdarm, uvm. Osteopathie ist kein geschützter Begriff. Das heißt, jeder kann sich Osteopath nennen. Es ist immer hilfreich nachzuhaken, wo die Ausbildung absolviert wurde und sich vorher gut zu informieren. Osteopathie wird nicht von der Krankenkasse übernommen.
  • Tai Chi /  Qi Gong: Tai Chi zählt zu den Martial Arts und ist eine chinesische Kampfkunst. Der Begriff Kampfkunst ist etwas irreführend, denn Tai Chi ist eine Aktivität, bei der man sich langsam und gezielt bewegt, was schonend für die Gelenke ist. Der Basisgedanke ist den Körper in ein Gleichgewicht zu bringen, was zur Verbesserung der Balance, der Atmung und der Körperkontrolle führt. Außerdem trägt es zum Stressabbau und zur Entspannung bei. Im Tai Chi gibt es viele verschiedene Formen, die in definierten Abläufen fließend ineinander übergehen und von außen fast einem elegantem Tanz ähneln. Dabei wird ebenfalls gezielt auf die Atmung geachtet. Auch spezielle chinesische Waffen, wie Schwerter, werden später mit einbezogen. Im Mittelpunkt steht die Körperhaltung und die langsamen fließenden Bewegungen, die meist vom zentralen Punkt, der Hüfte, ausgehen und zusammen mit Armen und Beinen in einer Einheit funktionieren. Die Qi Gong-Übungen werden häufig mit den Tai Chi Übungen vermischt und dienen hauptsächlich der Meditation, Atemkontrolle und Entspannung. Die Übungen sollen das Qi im Körper balancieren und zu mehr Energie führen.

Invasive Therapien:

Verschlechtern sich die Symptome bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen, dann wird oft eine Versteifungsoperation notwendig.

Operationen der oberen Halswirbelsäule sind auch ohne eine Grunderkrankung wie dem Ehlers-Danlos-Syndrom riskant und werden nur von wenigen Ärzt*innen routinemäßig durchgeführt. Diese Art der OP ist selten und absolute Königinsdisziplin. Außerdem müssen bei EDS zudem noch die Besonderheiten dessen mit einbezogen werden und die aller anderen vorliegenden Komorbiditäten. Meist ist dazu ein interdisziplinäres Team notwendig.

Das heißt, wer eine solche OP in Erwägung zieht, der muss sich genau über die Erfahrung des Operateurs in Bezug auf alle zugrundeliegenden Erkrankungen, über die Risiken und Erfolgsquoten, über die eingesetzte Technik und darüber, wie oft diese OP schon an EDS-Betroffenen durchgeführt wurde, erkundigen. Außerdem sollte eine Zweit- oder Drittmeinung von möglichst vielen internationalen Expert*innen eingeholt werden.

Operationsverfahren:

  • Ventrale versus dorsale Operationsverfahren: Ventrale Verfahren werden hauptsächlich angewandt, wenn der vordere Teil der Wirbelsäule betroffen ist. Also die Bandscheibe, der Wirbelkörper oder das vordere Längsband. Verschiedene Techniken werden genutzt, z. B. Smith und Robinson oder Cloward. Dorsale Verfahren werden hauptsächlich bei Verletzungen der hinteren Bandstrukturen eingesetzt, z. B. der Kapselrupturen oder Lig. Flavum Rupturen. Eine Kombination aus beiden Techniken wird genutzt bei ausgeprägter vorderer und hinterer Instabilität. Empfohlen bei Verletzungen am HWS/BWS Übergang. Außerdem kommen verschiedene Plattensysteme zum Einsatz, z. B. winkelinstabile Systeme, also Platten-Schrauben-System, bei denen der Winkel nicht fest definiert ist, winkelstabile Plattensysteme – hier sind die Schrauben fest mit der Platte verbunden und können nur in einem definierten Winkel platziert werden – oder dynamische Systeme, welche Bewegung im Schrauben-Platten-System zulassen.
  • Halo–Fixateur: Ein Halo kommt manchmal noch zum Einsatz, wenn bei Brüchen der vor allem oberen Halswirbelsäule gerade keine Operation in Frage kommt, die Halswirbelsäule aber komplett ruhig gestellt werden muss. In seltenen Fällen wird der Halo auch eingesetzt, um eine komplette Ausheilung zu erzielen. Auch wird er genutzt, um Fehlstellungen der Wirbelsäule zu korrigieren und teilweise postoperativ nach erfolgter Halswirbelsäulenoperation. Ein Halo ist eine invasive Maßnahme, bei der ein Metallgerüst von außen an den Kopf geschraubt wird und mittels Metallgestänge auf den Schultern ruht. Mit Hilfe dieser Maßnahme ist die Halswirbelsäule maximal immobilisiert. Er wird immer dann eingesetzt, wenn derzeit keine OP möglich ist oder wenn eine feste Halskrause nicht ausreicht zur Ruhigstellung. Der Halo-Fixateur ist die einzige Methode, die zu einer kompletten Immobilisation der HWS führt. Keine feste Halskrause erzielt den selben Effekt. Mögliche Komplikationen eines Halos können sein: Infektion der Kopfschrauben, Lockerung der Kopfschrauben, Schmerzen und Schlafstörungen. Häufig wird ein Halo nach der zervikalen Traktion angelegt.
  • Bandscheibenprothesen: Neben den standardmäßigen Versteifungsoperationen, die von vorne (anterior), von hinten (posterior) oder auch, bei komplexen Verletzungen, von beiden Seiten durchgeführt werden, werden mittlerweile als Alternative immer häufiger Bandscheibenprothesen eingesetzt. Dieser künstliche Bandscheibenersatz soll angeblich der Biomechanik einer natürlichen Bandscheibe möglichst nahe kommen und den Vorteil haben, dass angrenzende Segmente nicht instabil werden. Die Anschlussinstabilitäten, die bei Fusionen ein Risiko sind, sollen damit vermieden werden, denn das betroffene Segment behält größtenteils die Beweglichkeit. Da diese Technik noch sehr neu ist, gibt es bisher kontroverse Studien dazu. Einige besagen, Bandscheibenprothesen hätten Vorteile gegenüber der Fusion, andere wollen keinen Unterschied festgestellt haben. Bei künstlichen Bandscheiben ist jedoch die Zeit bis zur Wiederaufnahme von Alltagstätigkeiten und die Immobilisierung der HWS verkürzt. Es gibt verschiedene Firmen die Bandscheibenprothesen entwickeln und mehrere unterschiedliche Mechanismen.

Chiari-Malformationen

Chiari Malformationen bezeichnen eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen sich ein Teil des Gehirns durch das Hinterhauptsloch in den Spinalkanal verlagert.

Eine Syringomyelie ist eine Komplikation der Chiari-Malformationen. Hier kommt es zu einer Hohlraumbildung im Rückenmark.

Die Symptome sind ähnlich denen der HWS-Instabilität, jedoch kommt es hier sehr viel häufiger zur Beteiligung der zentralen Atmung.

Die Diagnostik der Chiari-Malformation bedient sich den selben Techniken wie die der HWS-Instabilität. Ein Upright-MRT scheint auch hier die Methode der Wahl zu sein, denn häufig liegt die Herniation deutlich tiefer in aufrechter Körperhaltung und unter natürlicher Belastung.

Für symptomatische Chiari-Malformationen gibt es nur die Möglichkeit der operativen Entlastung. Bei nicht symptomatischen Chiari-Patient*innen wird häufig abgewartet und regelmäßig kontrolliert, ob sich die Herniation verschlechtert.

Occult Tethered Cord (OTC)

Eine weitere EDS-Komorbidität stellt das Occult Tethered Cord Syndrome dar. Tethered Cord beschreibt eine Erkrankung, bei der das Rückenmark, das normalerweise frei im Rückenmarkskanal hängt,  im Lendenwirbelsäulenbereich angewachsen ist. Dadurch kann es zu Dehnungsverletzungen der Nervenzellen kommen und somit zu neurologischen Ausfällen in der unteren Körperhälfte.

Die Diagnostik des Occult Tethered Cord Syndrome is eine hauptsächlich klinische. Auf MRT-Bildern können Hinweise für das Vorliegen sprechen, müssen aber nicht.

Mögliche Anzeichen für das Vorliegen von Tethered Cord können sein:

  • Kleine Einbuchtung über dem Gesäß
  • Wirbelsäulenveränderungen wie Skoliose
  • Harninkontinenz, plötzlicher Harndrang, Reizblase, schwacher Harnstrahl, Harnretention (neurogene Blase)
  • Stuhlinkontinenz
  • Schwäche in den Beinen
  • Schmerzen im unteren Rücken
  • Veränderte Reflexe
  • Filum Terminale unter L1/2 auf MRT oder Fetteinlagerung im Filum

Diagnostisch wird meist ein komplettes MRT der Wirbelsäule angeordnet und eine urodynamische Untersuchung durchgeführt.

Die einzige Therapie bei symptomatischem TC ist im Moment eine Operation bei der das Filum abgelöst wird, damit das Rückenmark wieder frei beweglich ist.

Thoracic Outlet Syndrome (TOS)

Das Thoracic Outlet Syndrome ist eine Erkrankung, bei der es zur Kompression im Bereich des Plexus brachialis (Nervengeflecht aus mehreren Spinalnerven) und der dazugehörigen Gefäße (Vena subclavia und Arteria subclavia). Da dieses Nerven- und Gefäßgeflecht mehrere Engstellen überwinden muss, kann es dort durch verschiedene Ursachen zur Kompression kommen.

Mögliche Symptome: 

  • Je nachdem was genau komprimiert wird, gibt es verschiedene Symptome wie z. B. Missempfindungen in Armen und Fingern, sowie Schmerzen im Schulter-Arm-Bereich bei Nervenkompression.
  • Wird die Arteria subclavia abgedrückt, so kommt es gerade bei Armhaltungen oberhalb des Kopfes zu Schmerzen, Kribbeln und Kälte im Arm.
  • Bei vollständigem Verschluss einer Vene kann es akut zu einer Thrombose kommen.
  • Außerdem kann es durch die Durchblutungsstörung zu einer fleckigen Färbung der Haut kommen.

Diagnostik:

  • Klinische Diagnostik mit Hilfe funktioneller Tests (Provokationstests) und Symptomgeschichte
  • Röntgen bzw. MRT der HWS und des Thorax
  • Neurophysiologische Untersuchungen
  • Duplex in verschiedenen Arm und Kopfpositionen

Therapie:

Konservativ mittels Physiotherapie oder operativ durch Entlastung der eingeengten Strukturen.

HWS-InstabilitätChiariTethered CordThoracic Outlet
DefinitionDie Wirbel der Halswirbelsäule bewegen sich über ihr physiologisches Maß hinaus und engen dabei z. B. Nerven, Rückenmark, Hirnstamm oder Blutgefäße ein.Eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen sich ein Teil des Gehirns durch das Hinterhauptsloch in den Spinalkanal verlagert.Eine Erkrankung, bei der das Rückenmark, das normalerweise frei im Rückenmarkskanal hängt, im Lendenwirbelsäulenbereich angewachsen ist. Eine Erkrankung, bei der es zu Kompression im Bereich des Plexus brachialis und der dazugehörigen Gefäße kommt.
SymptomeVon Kopfschmerzen, über Missempfindungen der Arme und Beine, bis hin zu Atembeschwerden bei Hirnstammkompression sind alle neurologischen Symptome denkbar.Die Symptome sind hier ähnlich wie bei der HWS-Instabilität, jedoch kommt es häufiger zu Beteiligung der zentralen Atmung. Harninkontinenz, plötzlicher Harndrang, Reizdarm, schwacher Harnstrahl, Harnretention, Stuhlinkontinenz, Schwäche in den Beinen, Schmerzen im unteren Rücken.Missempfindungen in Armen und Fingern, Schmerzen im Schulter-Arm-Bereich, Kribbeln und kalte Hände, fleckige Färbung der Haut, Thrombosen.
Diagnostik Upright-MRT, CT in Rotation, Röntgen in Funktionsstellung, zusätzliche Diagnostik wie neurovegetative Untersuchung, Otoneurologie, PET, Polysomnographie.Ähnlich der HWS-Instabilität; hauptsächlich Upright-MRT.Komplettes MRT der Wirbelsäule und eine urodynamische Untersuchung. Provokationstests, Anamnese, Röntgen bzw. MRT, neurophysiologische Untersuchungen, Duplex in verschiedenen Arm und Kopfpositionen.
TherapieStärkung der Tiefenmuskulatur durch gelenkschonende Verfahren, wie z. B. Pilates, Bewegungsbad, oder operative Fusion des instabilen Abschnitts. Bei symptomatischer Chiari-Malformation gibt es nur die Möglichkeit der operativen Entlastung. Bei symptomatischer TC, Operation bei der das Filum wieder abgelöst wird, damit das Rückenmark wieder frei beweglich wird. Konservativ mittels Physiotherapie oder operativ, durch Entlastung der eingeengten Strukturen.
Übersicht Vergleich HWS-Instabilität, Chiari, Tethered Cord und Thoracic Outlet

Zusätzliche Fakten:

  • Diese Kombination an neurologischen Komplikationen kommt, aus bisher nicht bekannten Gründen, bei EDS-Patient*innen häufig zusammen vor und ist oft mit mehreren Operationen verbunden.
  • CCI/Chiari und Tethered Cord scheinen direkt zusammenzuhängen.
  • Zudem ist bei Betroffenen von CCI häufig nicht nur eine Instabilität in der oberen HWS zu finden, sondern gleichzeitig auch im Bereich der unteren HWS.
  • Häufig führt eine Operation eines Segments der HWS zu Folgeoperationen in den Abschnitten darunter. Daher sollte eine Operation immer die letzte Option sein.
  • Liegt CCI/Chiari und Tethered Cord vor, macht es wenig Sinn nur ein Problem zu beseitigen, denn beide beeinflussen sich gegenseitig.

Eine Übersetzung der derzeit besten Anleitung für Diagnostik und Therapie:

Nützliche Literatur zum Thema:

Bücher/Publikationen:

Milhorat TH, Bolognese PA, Nishikawa M, McDonnell NB, Francomano CA. Syndrome of occipitoatlantoaxial hypermobility, cranial settling, and chiari malformation type I in patients with hereditary disorders of connective tissue.

Castori M, Morlino S, Ghibellini G, Celletti C, Camerota F, Grammatico P. Connective tissue, Ehlers–Danlos syndrome (s), and head and cervical pain. InAmerican Journal of Medical Genetics Part C: Seminars in Medical Genetics 2015 Mar 1 (Vol. 169, No. 1, pp. 84-96).

Goel A. Is atlantoaxial instability the cause of Chiari malformation? Outcome analysis of 65 patients treated by atlantoaxial fixation. Journal of Neurosurgery: Spine. 2015 Feb;22(2):116-27.

Felbaum D, Spitz S, Sandhu FA. Correction of clivoaxial angle deformity in the setting of suboccipital craniectomy: technical note. Journal of Neurosurgery: Spine. 2015 Jul;23(1):8-15.

Henderson FC, Geddes JF, Vaccaro AR, Woodard E, Berry KJ, Benzel EC. Stretch-associated injury in cervical spondylotic myelopathy: new concept and review. Neurosurgery. 2005 May 1;56(5):1101-13.

Proceedings of CSF Colloquium 2013: Basilar Impression & Hypermobility at the Craniocervical Junction, By Ulrich Batzdorf et al.

Milhorat TH, Bolognese PA, Nishikawa M, Francomano CA, McDonnell NB, Roonprapunt C, Kula RW. Association of Chiari malformation type I and tethered cord syndrome: preliminary results of sectioning filum terminale. Surgical neurology. 2009 Jul 31;72(1):20-35.

Henderson, F.C., Francomano, C.A., Koby, M., Tuchman, K., Adcock, J. and Patel, S., 2019. Cervical medullary syndrome secondary to craniocervical instability and ventral brainstem compression in hereditary hypermobility connective tissue disorders: 5-year follow-up after craniocervical reduction, fusion, and stabilization. Neurosurgical review, pp.1-22.

Henderson FC. Cranio-cervical Instability in Patients with Hypermobility Connective Disorders. Journal of Spine. 2016 Apr 18;2016.

Henderson, F.C., Francomano, C.A., Koby, M., Tuchman, K., Adcock, J. and Patel, S., 2019. Cervical medullary syndrome secondary to craniocervical instability and ventral brainstem compression in hereditary hypermobility connective tissue disorders: 5-year follow-up after craniocervical reduction, fusion, and stabilization. Neurosurgical review, pp.1-22.

Henderson FC, Austin C, Benzel E, Bolognese P, Ellenbogen R, Francomano CA, Ireton C, Klinge P, Koby M, Long D, Patel S. Neurological and spinal manifestations of the Ehlers–Danlos syndromes. InAmerican Journal of Medical Genetics Part C: Seminars in Medical Genetics 2017 Feb 1.

Vorträge:

http://ehlers-danlos.com/2015-annual-conference-files/Henderson_0.pdf

http://www.csfinfo.org