Aufgrund der Fülle an unspezifischen Symptomen, die bei EDS-Betroffenen in den unterschiedlichen Körperbereichen auftreten, liegt für viele Ärzt*innen der Verdacht schnell Nahe: das muss die Psyche sein. Für die meisten Betroffenen sind die ersten Fehldiagnosen Depression, Angststörung oder Somatisierungsstörung.

Diese Fehldiagnosen können schwere Konsequenzen haben.

Fakten zu Fehldiagnosen bei EDS und deren Konsequenzen:

  • Laut einer Studie von EURORDIS [1], wird bei 50 Prozent aller EDS-Patient*innen erst 14 Jahre nach Symptomeintritt, in einem Durchschnittsalter von 29 Jahren, die Diagnose gestellt. Im Schnitt werden dafür mehr als fünf Ärzt*innen aufgesucht.
  • Die Frustration darüber konstant nicht ernst genommen zu werden, kann für EDS-Patient*innen letztendlich in einem Trauma resultieren und damit auch zu einer psychischen Erkrankung führen, wie z. B. Angst und PTBS.
  • Fehldiagnosen können in falschen Behandlungen resultierten, was irreversible körperliche Schäden nach sich ziehen kann.
  • Kommt es zu psychischen Fehldiagnosen verlängert sich dadurch die Zeit bis zur korrekten Diagnose auf 22 Jahre [1].
  • Die jahrelange Verletzung der Würde [2] führt dazu, dass viele Betroffene eine Verschlechterung ihrer Gesundheit riskieren, bevor sie weitere Ärzt*innen aufsuchen. Außerdem kam es für Patient*innen zu einem Vertrauensverlust in das Gesundheitssystem, das für viele Jahre anhielt.
  • Ein weltweiter EDS Survey [3], der von über 2000 Teilnehmer*innen beantwortet wurde und in dem Menschen aus 26 verschiedene Ländern repräsentiert waren, stellte fest, dass es bei 97 Prozent aller Befragten zu psychischen Fehldiagnosen kam.

Ursachen für Fehldiagnosen:

Eine der häufigsten Ursachen für Fehldiagnosen vor allem bei jungen Frauen mit unsichtbaren Krankheiten ist der Gender Bias. Zu Gender Bias gibt es diverse Studien, z. B. zum Thema Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen in der Notaufnahme. In der Studie bekamen Frauen seltener Opiate verabreicht als Männer und mussten generell länger auf die Behandlung warten [4]. Natürlich kann es auch bei männlichen Patienten zu Gender Bias kommen; außerdem sind nicht-binäre Menschen und trans* Personen offensichtlich zusätzlich benachteiligt. Gender Bias ist eine lange bekannte Tatsache, aber gerade in medizinischen Settings wird in Deutschland wenig darüber gesprochen oder gar dafür sensibilisiert. Gender Bias führt hingegen häufig zu Gaslighting. Vor allem Frauen mit komplexen Krankheitsbildern berichten von “medical gaslighting.” Gaslighting ist eine Art der emotionalen Misshandlung, bei der die Betroffenen so lange manipuliert werden, bis sie ihre eigene Wahrnehmung und Realität in Frage stellen. “Medical Gaslighting” wird häufig im Kontext mit Machtstrukturen, Abhängigkeitsverhältnissen und Gender verwendet, wie z. B. im Kontakt zwischen Mediziner*innen und deren Patient*innen. Studien zu Gaslighting, den Ursachen und Folgen, gibt es nur bedingt, doch die beschriebenen Konsequenzen für Patient*innen reichen von Angst vor medizinischen Terminen bis zu voll ausgeprägtem PTBS. Gaslighting und Biases in der Medizin haben besonders schwere Folgen. Sie führen zu Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen.

Mehr zu Fehldiagnosen und deren Konsequenzen könnt ihr in diesem Vortrag aus Patientinnensicht erfahren.

Differentialdiagnosen

Das Ehlers-Danlos-Syndrom ist nur eine von vielen verschiedenen Bindegewebserkrankungen.

Mögliche Differentialdiagnosen bei EDS können sein:

  • Marfan-Syndrom
  • Osteogenesis Imperfecta
  • Cutis Laxa
  • Typ-VI-Kollagen-Myopathien
  • Loeys-Dietz-Syndrom
  • Andere EDS-Typen
  • Arterial Tortuosity Syndrome

Quellen:

[1] Eurordis Care Study, Ehlers-Danlos Syndrome, Sections of this chapter were written with the collaboration of the Association Française des Syndromes d’Ehlers Danlos and Associazione Italiana per la Sindrome di Ehlers-Danlos (A.I.S.E.D.).

[2] Berglund B, Anne-Cathrine M, Randers I. Dignity not fully upheld when seeking health care: Experiences expressed by individuals suffering from Ehlers–Danlos syndrome. Disability and rehabilitation. 2010 Jan 1;32(1):1-7.

[3] http://www.chronicpainpartners.com EDS Survey Results Webinar

[4] Chen, E.H., Shofer, F.S., Dean, A.J., Hollander, J.E., Baxt, W.G., Robey, J.L., Sease, K.L. and Mills, A.M., 2008. Gender disparity in analgesic treatment of emergency department patients with acute abdominal pain. Academic Emergency Medicine15(5), pp.414-418.