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Schmerz lass nach! – LDN & Cannabis für Ehlers-Danlos-Schmerzen

von Karina Sturm.

Ein Leben mit chronischen Schmerzen ist hart. Alle Schmerzpatienten wissen das. Wir beißen die Zähne zusammen und versuchen den Schmerz zu ignorieren, probieren alternative Therapien, wie Biofeedback, Meditation und ähnliches aus, um die Schmerzschwelle zu senken und haben meist eine ziemlich hohe Schmerztoleranz. Doch was, wenn man ohne Medikamente einfach nicht mehr klar kommt? Was, wenn die Schmerzen den Alltag einschränken und dazu führen, dass sich andere Symptome dadurch verschlechtern? 

Die Schmerzen, die mit dem Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) einhergehen, können ganz unterschiedlich sein.

Es gibt Gelenkschmerzen, Nervenschmerzen, Muskelschmerzen, Triggerpunkte, und viele andere und meist haben wir eine Kombination von mehreren. Werde ich von Ärzten gebeten, alle Bereich, die mir am Körper weh tun, auf dem Papier zu skizzieren, ist das Männchen am Ende meist fast ganz bemalt. Und dann noch zu beschreiben, ob die Schmerzen stumpf oder taub sind und in welcher Intensität von 1 – 10 sie vorkommen, ist schwer. Zurzeit weiß ich nur: Die Schmerzen stehen so sehr im Vordergrund, dass ich mich weniger bewege, weniger laufe, weil mir sonst Tränen in die Augen steigen. 

EDS-Experten wissen, dass EDS-Schmerzen häufig vorkommen und besonders stark sind.

Dem kann ich nur zustimmen. Fast alle EDS-Patienten leben mit schweren chronischen Schmerzen, die oft abgetan und deshalb nicht adäquat behandelt werden. Zusätzlich kam in meinem Fall hinzu, dass ich einige Co-Erkrankungen des EDS hatte, wie z. B. das Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS), das aufgrund von Unverträglichkeiten vieler Medikamente, darunter z. B. die ganze Gruppe der Opiate, die Auswahl von Schmerzmitteln deutlich einschränkte. 

Viele Jahre habe ich mich größtenteils ohne Medikamente durchgeschlagen.

Ich versuchte mit Tai Chi, Meditation und Krankengymnastik entgegenzuwirken.  In den schlimmen Phasen nahm ich einen Cocktail aus Ibuprofen, Aspirin, was bei MCAS auch eher schlecht verträglich ist und bei mir zu Flushing-Attacken meines Gesichts und zu Herzrasen führte, Paracetamol und Arcoxia ein. Das funktionierte zeitweise ganz gut, nur nahm mir mein Magen das schnell krumm und all diese Schmerzmittel fielen weg.

Irgendwann kam der Punkt, an dem die Schmerzen im Vordergrund meines Alltags standen.

Zum Glück zog ich damals in den US-Staat Kalifornien, in dem Cannabis mittlerweile legalisiert wurde. Ich hatte plötzlich Zugang zu einer ganz anderen Art der Schmerztherapie, die in Deutschland zwar derzeit auch geläufiger, aber leider noch lange nicht standardmäßigen eingesetzt wird. Das medizinische Marihuana half mir gegen die Nervenschmerzen und reduzierte auch die anderen Schmerzen auf ein erträgliches Maß. Als nette Nebenwirkung hatte ich deutlich weniger Übelkeit und schlief besser durch. Hoffnung machte sich breit. 

Das Cannabis ist seit über einem Jahr mein ständiger Begleiter.

Es reduziert nach wie vor die Schmerzen signifikant, doch leider nahm die Intensität der Schmerzen in den letzten paar Monaten stark zu und die Wirkdauer des Cannabis eher ab. Weshalb ich erneut vor der Frage stand: Was nun? 

Low Dose Naltrexone (LDN)!

Naltrexon ist ein sogenannter Opioidantagonist. In hoher Dosis wird dieses Medikament zur Behandlung von Suchterkrankungen eingesetzt. Allerdings wurde vor vielen Jahren schon der Nutzen von niedrig dosiertem (low dose) Naltrexon bei z. B. autoimmunen Erkrankungen festgestellt. Dr. Chopra, ein Spezialist für die Behandlung von Schmerzen bei Ehlers-Danlos-Syndrom und Chronic Regional Pain Syndrome (CRPS), setzt schon seit Langem auf die Therapie der chronischen Schmerzen mit LDN. Laut seiner Präsentationen berichten viele EDS-Patienten über mehr Funktionalität im Alltag und reduzierte Schmerzen. Der Einsatz gilt dann aber als Off-Label, das heißt als experimentell und für diese Indikation nicht zugelassen.

Auch in der aktuellen Publikationen zum Thema Schmerzmanagement wird LDN erwähnt.

Dr. Chopra nennt LDN zur EDS-Schmerztherapie zwar nur kurz, doch trotzdem wollte ich dem Medikament eine Chance geben. Mit einigen kleinen Fallstudien machte ich mich auf den Weg zur meiner neuen Hausärztin. Meine alte Hausärztin war vor wenigen Monaten umgezogen und die Suche nach kompetenter Betreuung ging erneut los. Ihr wisst ja, wie anstrengend das ist. Da will man die Neue nicht gleich mit so komplizierten Themen wie der Off-Label-Behandlung mit LDN überfordern. Aber was war die Alternative? Weiter stündlich nachts aufwachen, weil mir mein unterer Rücken so wahnsinnig weh tat?

Als ich das LDN erwähnte, war sie alles andre als abgeneigt.

Sie meinte, die Nebenwirkungen wären überschaubar, vor allem bei niedrig dosiertem Einsatz, der potentielle Nutzen für mich jedoch ziemlich groß und die Kosten – LDN als Off-Label-Gebrauch wird meist nicht von den Krankenkassen übernommen – hielten sich in Grenzen. Sie griff sofort zum Telefonhörer und rief in der Pharmacy an, die solche Medikamente portioniert abfüllt, denn LDN gibt es so nicht zu kaufen. Die Pharmazeutin muss das hoch dosierte Medikament extra für mich herunter dosieren und dann in Kapseln abfüllen. Was dabei ganz besonders toll ist, ist dass ich gefragt wurde, welches Bindemittel ich denn vertragen würde. Denn wenn ein Medikament ohnehin nur für mich präpariert wird, gibt es alternative Bindestoffe, die z. B. bei Laktoseintoleranz oder MCAS besser vertragen werden.

Nach zehn Minuten Gespräch fragte die Apothekerin für welche Erkrankung ich das LDN denn einnehmen würde.

Für sie klinge das nach EDS. Woher sie das wusste? Weil sie selbst EDS hat und LDN für ihre Schmerzen einnahm. Manchmal ist die Welt wirklich klein.

Und so warte ich nun auf meine erste Verschreibung LDN und hoffe, dass ich, wie Dr. Chopra beschreibt, dadurch an Funktionalität gewinne und die Nebenwirkungen ausbleiben. Drückt mir die Daumen! 

7 Kommentare
  1. Elisa sagte:

    Liebe Karina :-)

    Ich wünsche dir alles Gute für den Versuch mit LDN und danke für das Teilen deiner Erfahrungen! Kannst du inzwischen schon sagen, ob du es verträgst und ob es hilft?

    Mir geht es ähnlich, ich vertrage die meisten Schmerzmittel gar nicht – NSAR und Opiate sind außen vor, auch Lokalanästhetika sind sehr problematisch.

    Ich leide auch unter einem Mastzellenaktivierungssyndrom, dazu unter CFS und chronischen Schmerzen und Gelenkproblemen, darunter auch die HWS – es könnte also auch EDS sein, mit den Diagnosen ist das ja immer noch nicht so einfach.

    Im Moment nehme ich gar nichts gegen die Schmerzen – und beiße die Zähne zusammen. Ich habe bisher einfach zu schlechte Erfahrungen mit meinen Unverträglichkeiten gemacht. Aber wenn es zu einschränkend werden würde, ist es ja wichtig, noch mögliche Alternativen zu kennen.

    Alles Liebe,
    Elisa

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    • karinabutterfly sagte:

      Hallo liebe Elisa,

      ich musste den Versuch leider nach wenigen Wochen abbrechen. Schon bei relativer geringer Dosis hatte ich eine starke Verschlechterung der Dysautonomie-Symptome. Woran das nun lag, weiß keiner so genau. Da ich derzeit in Deutschland bin, ist das mit dem LDN ohnehin eher schwierig. Deshalb möchte ich einen neuen Versuch starten, wenn ich wieder in den USA bin und dann die Apotheke bitten, einen anderen Trägerstoff zu verwenden. Es kann nämlich gut sein dass ich durch die MCAS ein Problem mit dem Trägerstoff und nicht dem LDN hatte. Die Mischen das in meiner „compound pharmacy“ selbst und sind daher etwas flexibel was den Trägerstoff angeht. Insofern mag ich noch nicht ganz aufgeben. LDN scheint echt vielversprechend und ich hatte nicht genug Zeit um zu sehen, ob die Nebenwirkungen vielleicht von selbst verschwinden. Ich hatte auch ziemlich doofe Schlafstörungen von Tag 1 an. Selbst mit Minimaldosis und bin morgens mit hochrotem, erwärmten Kopf aufgewacht. Ich kann mir noch nicht ganz erklären mit welchen meiner Erkrankungen das zu tun hatte. Aber zumindest habe ich nicht ganz extrem darauf reagent. Ist auch schon mal was. :)

      Bislang habe ich die besten Erfolge mit meinem medizinischen Cannabis erzielt. Aber ich würde den Schmerz gern noch etwas weiter senken können.

      Das mit dem Zähne zusammenbeißen kenne ich gut. Habe ich auch sehr lange so gemacht. Aber ab einem gewissen Punkt hat der Schmerz meine Lebensqualität doch deutlich eingeschränkt und dann musste ich mich langsam auf die Suche machen. Generell bin ich aber auch eher zurückhaltend in Bezug auf Medikamente. Eben wegen der Überempfindlichkeit gegen so vieles.

      Liebe Grüße und viel Glück bei der Diangosesuche!

      Karina

      PS: Dein Blog ist toll. Darf ich dich unter „Partner“ hier auf der Seite verlinken?

      Antworten
      • Elisa sagte:

        Liebe Karina,

        Danke für deine rasche Antwort! Schade, dass der Versuch nicht so gut geklappt hat wie erhofft, das mir dem Trägerstoff könnte natürlich sein. Wir müssen echt immer jedes Bisschen bedenken. Schlafstörungen und hochroter Kopf klingt für mich nach leichter/mäßiger Histaminreaktion, aber was genau im Körper passiert ist ja immer schwer nachzuvollziehen. Ich hab mir auch angewöhnt, alle Medikamente nur mit einem Bruchteil der Mindestdosierung anzutesten.

        Ich freu mich sehr über eine Verlinkung und vor allem, dass dir mein Blog gefällt :-) deiner ist auch super, inhaltlich und gestalterisch (besonders den Effekt mit den grauen Bildern, die beim Mouseover farbig werden finde ich klasse) – ich habe deinen Blog vorhin erst entdeckt, und werde noch ein wenig stöbern.

        Liebe Grüße
        Elisa

        Antworten
        • karinabutterfly sagte:

          Hallo liebe Elisa,

          ja, ich finds auch sehr schade. Ich hatte mir wirklich viel erhofft von dem LDN. Man hört positive Geschichten gerade in Bezug auf die EDS-Schmerzen. Schlafstörungen sind eine ganz häufige Nebenwirkung am Anfang der Behandlung mit LDN. Angeblich sogar ein positives Zeichen, das bedeutet, dass es wirkt. Aber das mit dem roten, heißen Kopf habe ich eigentlich nur in Bezug auf Histaminprobleme. Oft nach dem Essen. Das LDN selbst sollte eigentlich keine MCAS-Probleme auslösen. Daher dachte ich dass es am ehesten der Trägerstoff sein könnte. Ich werde es definite nochmal ausprobieren. Vor allem weil ich auch nie ausschließen kann dass meine Dysautonomie zwischendurch spinnt und das LDN am Ende gar nichts mit der Verschlechterung zu tun hatte…

          Ich habe auch mit der niedrigst möglichen Dosis angefangen. :) Irgendwie gewöhnt man sich dran vorsichtiger zu sein als die normale Bevölkerung.

          Ich habe dich schon verlinkt. Danke für die lieben Worte! Der Mouse Effect ist ein Custom CSS den ich online gefunden hatte. Den kannst du vermutlich auch einfügen. :)

          Gruß,

          Karina

          Antworten
  2. Hildegard Charlotte Spahr sagte:

    Liebe Karina,
    nimmst Du auch immer noch THC? Konkret LCD und THC? Meine Tochter bekommt seit 8 Monaten medizinisches THC und der Arzt ist jetzt am überlegen Ihr wegen der weiter großen Schmerzen auch LCN zu verschreiben. Sie ist sich aber nicht sicher, ob die Substanzen zusammen gehen, da Studien ja fehlen. Wie sieht es bei Dir aus? Wie geht es Dir?
    Liebe Grüße
    Charlotte

    Antworten
    • karinabutterfly sagte:

      Hi Du, ich nehme ein Präparat mit deutlich mehr CBD als THC für die Schmerzen. Ich weiß allerdings nicht was du mit LCD bzw. LCN meinst. Wofür stehen diese Abkürzungen? Aber ich nehme auch weiterhin Low Dose Naltrexon (LDN) und verschiedene Cannabispräparate. Ob Medikamente interagieren, das kann man beim Arzt oder der Apotheke erfahren. Die können schon nachvollziehen, ob irgendwas in einem Medikament mit einem Bestandteil des anderen interagiert. Online gibts da auch Tools mit denen man Medikamenteninteraktionen ersehen kann (aber da würde ich mich im Zweifelsfall an die Apotheker*innen des Vertrauens wenden. Ganz liebe Grüße

      Antworten

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