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Mein Sechser im Lotto – Tmco1

von Denise Rose.

Mein Sohn Constantin ist mein Sechser im Lotto.

Denn genau so wurden wir nach eineinhalbjähriger Ärzteodyssee mit der Diagnose „Deletion auf Tmco1“ im Mai 2015, empfangen:

“Es ist wahrscheinlicher einen Sechser im Lotto zu ergattern, als diese Deletion zu haben.“

Nun gut, jetzt spiele ich gar kein Lotto und in Mathematik war ich noch nie gut gewesen.

Letztendlich ist Constantin für mich das fehlende Puzzlestück zum Ganzen.

Kinder werden aus Liebe geboren, Menschen haben sicherlich (solange man daran glaubt) eine Aufgabe hier auf Erden. Und für mich steht fest, er ist gekommen, um mich vieles zu lehren.

So bin ich gefühlt, der ungeduldigste Mensch der Welt gewesen. Jetzt nicht mehr, ich kann warten, wiederholen und anleiten. Er hat es geschafft, dass ich die Welt, seine Welt, ein Stück weit mit seinen Augen sehen kann.

Auf dem Bild zu sehen ist eine Hand eines Kindes auf einem Kissen im Bett und ein Teddy Bär im Hintergrund.
Constantin, der Sechser im Lotto

Er lehrt mich jeden Tag das wirklich Wichtige zu sehen.

Es ist doch völlig unerheblich, ob wir von A nach B hetzen. Wichtig ist doch nur auf dem Weg unsere Augen einmal nach rechts und links schweifen zu lassen, nicht hektisch sondern mit Bedacht.

Wir entdecken durch das langsam bedingte Gehen Fledermäuse an Hauswänden, retten ein Schwalbenkind vor dem Verhungern, beerdigen Käfer oder finden sensationell geformte Steine.

Ich werde von ihm bestens informiert über die wichtigen Dinge im Schulalltag, wer ist krank, wie geht es ihm oder ihr wohl? Ich erhalte Infos über Schulbrote, Farben der Kleidung der Mitschüler und wie sich die Wurzeln und die Erde auf dem Schulhof anfühlen.

Der Alltag ist hart und sollte im Leben eines Achtjährigen nicht geprägt sein von Physiotherapien, Ergotherapien, Reha-Sport und Schmerzen.

Aber es ist wie es nun mal ist, und wir können nur versuchen jeden Tag die Welt des Constantin’s ein klein wenig besser zu gestalten.

Aufpassen muss man ganz klar, dass sich die Rollen nicht verschieben, denn da es keine Forschung zur genannten Deletion gibt, bin ich gefühlte Medizinerin, Chemikerin, Genetikerin und Psychologin zugleich.

Aber eigentlich bin ich die Mutter.

Die Mutter, die betroffen ist, abends die Gelenke massiert, lagert, zuhört und Tränen trocknet und selbst welche vergießt. Die versucht mehr Toleranz in unsere kleine Umwelt zu bringen („man sieht doch gar nichts, ihm kann es ja gar nicht schlecht gehen“).

Vielleicht sollten wir alle damit anfangen, die Welt ein Stück weit mit Constantin’s Augen zu sehen.

Wir würden nichts verlieren, im Gegenteil, die Welt wäre bunter und wir würden an Nächstenliebe und Respekt gewinnen. Probieren wir es aus – heute.

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