Interview mit Mama Denise und Sohn Constantin zum Thema seltene Krankheiten
Denise & Constantin leben als Mutter und Sohn in einer ganz besonderen Familie, denn Constantin lebt mit einer bislang unbekannten genetischen Veränderung, die zu einer nicht näher definierbaren Bindegewebserkrankung führt. Wie Constantin und seine Mama mit all den Problemen umgehen, hört ihr heute.
Karina:
Constantin, wenn Du einem anderen Kind beschreiben solltest, wie sich Deine Krankheit anfühlt, was würdest Du sagen?
Constantin:
Ich leide unter einer Krankheit, die selten ist und die man nicht sieht. Sie betrifft meine Knochen und ist sehr extrem. Ich kann nicht auf harten Stühlen sitzen, nicht weit gehen und manchmal brauche ich einen Rollstuhl. Ich trage Orthesen: eine Hals-, Daumen- und Fußorthese. Die können zwar nicht meine Krankheit weg machen, aber damit geht es mir besser.
Denise:
Constantin leidet an einer seltenen Erkrankung, an einem seltenen Gendefekt. Er hat eine Deletion auf dem Gen TMCO1, was extrem selten ist. Nur 13 – 16 Menschen auf der Welt haben diese Deletion. Die Symptome dieser Erkrankung sind vergleichbar mit dem Ehlers-Danlos-Syndrom und sehr vielfältig. Bei Constantin sind nicht nur die Gelenke, die hypermobil sind, betroffen, sondern auch seine Lunge, sein Darm und er leidet an diversen Begleiterkrankungen.
Karina:
Was stört Dich am Kranksein am meisten? Wann ist es besonders schwierig?
Constantin:
Besonders schwer ist es, wenn ich etwas machen will, was andere Kinder auch machen. Vor allem wenn es schwere Sachen sind, die ich nicht kann. Ich würde gerne Ziele erreichen, wie auf Bäume zu klettern oder weite Strecken zu laufen. Sowas kann ich ja alles nicht. Ich möchte spüren, wie sich das anfühlt.
Denise:
Ich finde es ganz schwer zu begreifen, dass wir für die Mediziner unbequem sind. Es gibt keine Forschung zu dieser Deletion und nicht viel Interesse von Ärzten uns zu unterstützen. Wir haben zum Glück zwei gefunden. Auch gesellschaftlich stößt man oft an seine Grenzen. Alles was man nicht sofort mit dem Auge sieht, kann ja nicht sein und der Spruch „man sieht ja gar nichts“, tut ganz schön weh.
Karina:
Gibt es etwas, das Du vielleicht gerade wegen Deiner Krankheit besonders gut kannst?
Constantin:
Ich kann besonders gut zuhören und Tiere pflegen. Ich kann toll Streit schlichten und ich vertraue den Menschen die mir nahe stehen.
Denise:
Constantin ist ein total soziales Kerlchen. Und ich bin mir sicher, wenn diese Krankheit zu irgendwas gut war, dann für seine Herzenswärme und seine Empathiefähigkeit, die er mit seinen acht Jahren ganz toll entwickelt hat.
Karina:
Was würdest Du einem anderen Kind mit Deiner Krankheit gerne raten. Gibt’s einen guten Tipp, ein Geheimnis, das Du gerne weitergeben würdest?
Constantin:
Der Tipp ist: Man soll nicht über seine Grenze gehen. Wenn man das tut und zu viel macht, dann ist man richtig erschöpft. Am nächsten Tag wachst du auf und kannst gar nichts mehr, nicht mal aufstehen und alles tut nur noch weh.
Denise:
Man sollte einfach auf sich hören. Constantin kennt seine Grenzen ganz gut. Die Kunst ist dabei, auch darauf zu hören und nicht wegen einer doofen Mutprobe darüberhinaus zu gehen. Man muss auf sein Körpergefühl und auf sich selbst vertrauen.
Karina:
Was wünscht Du Dir für Deine Zukunft?
Constantin:
Ich wünsche mir, dass meine Krankheit weg geht, dass ich friedlich lebe, dass ich Sachen kann, die ich sonst nicht erreiche.
Denise:
Ich wünsche mir, dass wir Inklusion leben. Die Barrierefreiheit beginnt für mich schon im Kopf. Dass wir von Anfang an akzeptieren, dass jeder Mensch ein Individuum ist, mit individuellen Bedürfnissen, die wir einfach in einer Gesellschaft tolerieren und berücksichtigen.
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